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Das grosse Interview: Podologie, Fussgesundheit und was du wirklich über deine Füsse wissen solltest


Sarah Egli, dipl. Podologin HF und Geschäftsführerin von der Fusspraxis Podolux, weiss, wie oft unsere Füsse unterschätzt werden. Sie tragen uns täglich, nehmen viel auf sich und sind dennoch häufig die vergessenen Helden unseres Körpers.


Wer gut zu seinen Füssen schaut, läuft leichter durchs Leben.

Sarah Egli in der Podologie Praxis Podolux
Im Interview mit Satis-Factory.ch verrät Sarah Egli, warum Fussgesundheit weit über die Oberfläche hinausgeht, was Podologie wirklich bedeutet und wie du mit einfachen Tricks deinen Füssen nachhaltig Gutes tun kannst.

 

Worin liegt für dich der entscheidende Unterschied zwischen kosmetischer Fusspflege und Podologie – und warum wird das oft verwechselt?


Kosmetische Fusspflege dient der ästhetischen Behandlung gesunder Füsse. Dazu gehören Wellnessmassnahmen wie Nägelschneiden, Hornhautentfernung, Peelings oder Massagen. Diese Behandlungen werden von Fachpersonen ohne medizinische Ausbildung durchgeführt und sind nicht krankenkassenpflichtig.

 

Podologische Fusspflege (Podologie) ist hingegen ein medizinisches Fachgebiet zur Vorbeugung und Behandlung krankhafter Fussveränderungen – besonders bei Risikogruppen wie Diabetiker:innen oder Rheumatiker:innen. In der Schweiz erfolgt die Ausbildung über eine dreijährige Lehre (EFZ), mit Möglichkeit zur weiterführenden dreijährigen HF-Ausbildung. Podolog:innen arbeiten therapeutisch und interdisziplinär mit Hausärzt:innen, Diabetolog:innen, Spitex, Orthopäd:innen und Wundambulatorien zusammen. Bei ärztlicher Verordnung übernehmen Krankenkassen die Kosten für Diabetiker:innen.


Warum wird das oft verwechselt?

Der Begriff „Fusspflege“ ist nicht geschützt und wird für beide Bereiche verwendet. Beide kümmern sich zwar um Füsse, unterscheiden sich jedoch stark in Zielsetzung, Ausbildung und Verantwortung. Diese begriffliche Nähe bei gleichzeitig grosser fachlicher Distanz führt häufig zu Missverständnissen.


Fazit:

Kosmetische Fusspflege verschönert gesunde Füsse – Podologie behandelt auch kranke. Der Unterschied liegt in der medizinischen Fachkompetenz.


Einfach gesunde Füsse
Einfach gesunde Füsse

Warum meinst du, schenken wir unseren Füssen erst Aufmerksamkeit, wenn sie schmerzen und können unsere Füsse etwas über uns aussagen?


Füsse sind „unsichtbar“ im Alltag. Unsere Füsse tragen uns durchs ganze Leben, doch weil sie meist versteckt sind (in Socken, Schuhen, unter dem Tisch), nehmen wir sie oft nicht bewusst wahr. Gründe für mangelnde Aufmerksamkeit:


Fehlende Sensibilität für Prävention

Viele Menschen reagieren erst bei Beschwerden. Vorsorge oder Pflege ohne akuten Anlass wird oft als unnötig angesehen, bis es zu spät ist.


Fussprobleme sind tabuisiert

Hornhaut, Geruch, Deformationen – all das wird gesellschaftlich selten offen angesprochen. Das führt dazu, dass wir uns nicht gerne mit den Füssen beschäftigen.


Unterschätzte Komplexität

Dabei sind Füsse hochkomplexe Strukturen mit über 30 Gelenken, 26 Knochen und unzähligen Muskeln, Sehnen und Nerven – jede Belastung wirkt sich auf den ganzen Körper aus.


Und ja; unsere Füsse sind ein Spiegel unserer Gesundheit und unseres Lebensstils.


Hier einige Beispiele:

 

  • Diabetes zeigt sich oft zuerst an den Füssen (z. B. Taubheitsgefühl, schlechte Wundheilung).

  • Fehlstellungen oder Druckstellen geben Hinweise auf falsches Schuhwerk, Haltungsschäden oder Übergewicht.

  • Hornhaut und Schwielen zeigen, wo dauerhaft Überlastung herrscht.

  • Kalte Füsse können auf Durchblutungsstörungen hindeuten.

  • Nagelveränderungen können Stoffwechsel- oder Pilzerkrankungen signalisieren.

  • Spröde, schuppige Haut und Risse an den Fersen entstehen häufig durch mangelnde Pflege.


Auch emotionale Zustände wie Stress oder Anspannung zeigen sich manchmal durch veränderten Gang oder Muskelspannung im Fussbereich.

Gibt es falsche Socken oder Schuhe – auf was muss man beim Kauf achten? Wie gut sind die beliebten On-Schuhe?


Die typischen Schuhprobleme:

  • Zu enge oder kleine Schuhe können zu Druckstellen, Hühneraugen und eingewachsenen Nägeln führen.

  • Zu grosse oder schlecht sitzende Schuhe begünstigen Reibung, Blasenbildung und Fehlbelastungen.

  • Steife oder unflexible Modelle behindern das natürliche Abrollen des Fusses und können die Muskulatur ungünstig belasten.

  • Fehlender Halt oder ein schlecht geformter Fersenbereich führen zu Instabilität und erhöhen das Risiko einer Überlastung.

  • Unzureichende Dämpfung oder zu weiche Sohlen können sich negativ auf Knie, Hüfte und Rücken auswirken.


Socken 

Die Wahl der richtigen Socken wird oft unterschätzt, dabei haben sie grossen Einfluss auf Fussgesundheit und Tragekomfort.


Was bei falschen Socken passieren kann:


  • Synthetische Materialien (z. B. reines Polyester) begünstigen Schweiss, Reibung, Blasenbildung und erhöhen das Risiko für Fusspilz.

  • Zu dicke oder zu dünne Socken können zu Druckstellen führen oder bieten je nach Schuh zu wenig Schutz vor Kälte oder Hitze.

  • Schlecht verarbeitete Bündchen schneiden ein oder rutschen ständig.

  • Ungünstig platzierte Nähte verursachen Reibung und Druckstellen.

  • Falsche Passform – etwa zu enge, spitz zulaufende Socken – können langfristig Zehenfehlstellungen wie Hallux valgus begünstigen.


Worauf du bei guten Socken achten solltest:


  • Atmungsaktive Materialien wie (bio) Baumwolle oder hochwertige Funktionsfasern

  • Flache Nähte, einen ergonomischen Schnitt und – je nach Bedarf gepolsterte Zonen für zusätzlichen Schutz

  • Gute Passform, die nicht einengt, aber auch nicht verrutscht



Und die passenden Schuhe dazu?


On-Schuhe sind modern, leicht und beliebt – aber sie passen nicht zu jedem Fuss. Besonders bei Fussfehlstellungen, Beschwerden oder orthopädischem Bedarf sind stabilere, anatomisch geformte Modelle oft besser geeignet (z. B. von Asics, Brooks, New Balance, MBT oder orthopädischen Spezialmarken).


Worauf du beim Schuhkauf achten solltest:


  • Die Ferse muss gut sitzen, ohne zu drücken

  • Ausreichend Platz in der Zehenbox – in Breite und Höhe

  • Zehenfreiheit: mindestens ein Daumenbreit Spielraum

  • Eine flexible Sohle, die ein natürliches Abrollen ermöglicht

  • Atmungsaktives Obermaterial für gutes Fussklima

  • Den Schuh passend zum Verwendungszweck wählen (z. B. Alltag, Sport, Beruf)

  • Am besten nachmittags oder abends kaufen, wenn die Füsse etwas grösser sind


Was ist dir bei Podolux wichtig, damit sich nicht nur die Kund:innen, sondern auch dein Team wohlfühlt?


Bei Podolux steht der Mensch im Mittelpunkt, ob als Kundin oder als Teammitglied. Für mich ist es entscheidend, eine Praxisatmosphäre zu schaffen, die von Respekt, Vertrauen und Wertschätzung geprägt ist. Nur wenn sich das Team wohl und sicher fühlt, kann diese Haltung auch nach aussen wirken und echte Herzlichkeit im Umgang mit unseren Kundinnen entstehen.

Ich lege Wert auf:

  • offene Kommunikation auf Augenhöhe

  • ein unterstützendes, wertschätzendes Miteinander

  • klar strukturierte Abläufe, die Sicherheit und Freiraum zugleich geben

  • eine moderne, angenehme Arbeitsumgebung, in der man sich gerne aufhält

  • Raum für persönliche Entwicklung und fachlichen Austausch

Das Ziel ist, dass sich jede Person, egal ob Kund:in oder Mitarbeiter:in gesehen, gehört und gut aufgehoben fühlt. Denn echte Fürsorge beginnt nicht erst bei der Behandlung, sondern im täglichen Miteinander.

Welche einfache Fussroutine empfiehlst du, die man ohne grossen Aufwand in den Alltag einbauen kann?


Meine Empfehlung für eine einfache, wirksame Fussroutine im Alltag:

Nach dem Duschen: Gründlich trocknen & pflegen (1 Min) Trockne deine Füsse sorgfältig ab – besonders zwischen den Zehen, am besten mit einem weichen Kosmetiktuch oder Toilettenpapier (z. B. Kleenex). 👉 Schützt vor Hautmazeration, Fusspilz und Reizungen.

Täglich eincremen (1–2 Min) Verwende eine Fusscreme mit 5–10 % Urea – je nach Hauttyp – am besten nach dem Duschen oder vor dem Schlafengehen. 👉 Pflegt intensiv, hält die Haut geschmeidig und beugt Hornhaut sowie Rissen vor.

Fussmobilisation: Kreisen & Zehen bewegen (1–2 Min) Im Sitzen oder Stehen: Füsse jeweils 10x in beide Richtungen kreisen lassen. Zehen spreizen und krallen – je 10 Wiederholungen. 👉 Fördert die Beweglichkeit und aktiviert die Fussmuskulatur.

Fussmassage mit Igel- oder Tennisball (2 Min) Ob beim Frühstück, Zähneputzen oder auf dem Sofa: Den Fuss langsam über den Ball rollen – von der Ferse bis zu den Zehen. Je 1 Minute pro Fuss. 👉 Löst Verspannungen, fördert die Durchblutung und entspannt die Faszien.

Barfuss gehen & bewusst spüren (1–2 Min) Täglich ein paar Schritte barfuss auf verschiedenen Untergründen (z. B. Rasen, Teppich, Fliesen, Waldboden). Achte dabei bewusst auf das natürliche Abrollen des Fusses – von der Ferse bis zu den Zehen. 👉 Stärkt das Gleichgewicht und aktiviert die Fusssensorik.

Optional: Dehnen (1 Min) Stell den Vorfuss auf eine Stufe oder ein dickes Buch und senke langsam die Fersen ab.👉 Dehnt Waden und Fusssohle – ideal zur Vorbeugung von Verkürzungen und Verspannungen.


Fussmassage mit Tennisball oder Blackroll
Fussmassage mit dem Tennisball oder anderen Gegenständen

Gibt es eine Frage, die wir noch nicht gestellt haben, die du gerne beantworten würdest?


Warum ist es so wichtig, achtsam mit unseren Füssen umzugehen und was können wir dadurch für unser ganzes Wohlbefinden gewinnen?

Achtsamkeit beginnt dort, wo wir oft weggucken: bei den kleinen, stillen Teilen unseres Körpers – wie unseren Füssen. Wer lernt, sie bewusst zu spüren und wertzuschätzen, gewinnt nicht nur an körperlichem Wohlbefinden, sondern auch an innerer Balance.

·         Behandle deine Füsse mit derselben Sorgfalt wie deinen Kopf

·         Sie verdienen Achtsamkeit, Pflege, Aufmerksamkeit

·         Denn sie tragen nicht nur dein Gewicht – sondern dein ganzes Leben

Viele Fussprobleme sind „hausgemacht“. Rund 80 % aller Beschwerden entstehen durch falsches Schuhwerk, mangelnde Pflege oder Bewegungsmangel – dabei wäre Vorbeugen oft ganz einfach.

Barfuss am Strand
Gönn dir einen Barfuss-Spaziergang am Strand! Fun Fact: Die Fusssohle ist extrem empfindlich. Sie hat über 7'000 Nervenenden, deshalb ist Barfuss gehen nicht nur angenehm, sondern auch gesund.

Hier findest du einen spannenden Blogbeitrag über das Barfusslaufen von Sarah Egli:



Unsere Füsse sind mehr als nur ein Fortbewegungsmittel – sie sind ein Spiegel unserer Gesundheit, ein Schlüssel zu mehr Wohlbefinden und oft ein vernachlässigter Teil unseres Körpers. Sarah Egli hat eindrücklich gezeigt, wie vielschichtig die Arbeit der Podologin ist und wie wichtig es ist, frühzeitig auf Signale der Füsse zu hören, anstatt erst bei Schmerzen zu reagieren.


Wer beginnt, seinen Füssen täglich ein wenig Aufmerksamkeit zu schenken – durch passende Schuhe, hochwertige Socken, einfache Routinen und das Bewusstsein für ihre Bedeutung – wird schnell merken: Ein achtsamer Umgang mit den Füssen ist auch ein achtsamer Umgang mit sich selbst.

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